Interview zum GEAK Jubiläum
Christian Amoser ist von Beginn an beim GEAK mit dabei und hat viele Meilensteine miterlebt sowie mitgeschaffen. Im Interview erzählt er uns über die Entwicklung des GEAK sowie über die Herausforderungen und Lernprozesse, welche das GEAK Team auf dem Weg zum heutigen GEAK durchlebt hat.
Christian Amoser, Sie sind seit der Publikation des ersten Gebäudeenergieausweises der Kantone (GEAK) im Jahr 2009 mit an Bord. Welche Ereignisse oder Meilensteine haben in den vergangenen 15 Jahren den grössten Eindruck bei Ihnen hinterlassen?
Oh, da gab es einige bedeutende Momente. Einer der ersten und zugleich herausforderndsten war die Aktion des Bundes zur Erstellung von 15’000 GEAK. Das hat zwar für einen fulminanten Start gesorgt, führte aber auch zu einer enormen Belastung des GEAK Teams, dessen Strukturen noch nicht etabliert waren und stellte eine grosse Herausforderung für die neu zertifizierten GEAK Expertinnen und GEAK Experten dar. Ein weiterer grosser Meilenstein war die Einführung der «GEAK Betriebszentrale» im Jahr 2010. Die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) hat diese für alle Regionen übernommen, was eine enorme Verantwortung mit sich brachte, aber auch für Ordnung und die ersehnte Struktur sorgte. Der nächste Wendepunkt war dann die Gründung des Vereins GEAK im Jahr 2015. Dadurch wurden viele Prozesse vereinfacht, auch wenn es zunächst eine Phase des «Sich-Findens» erforderte. Der Aufbau der Geschäftsstelle des Vereins GEAK ab 2019, verbunden mit der Anstellung eines IT-Spezialisten, war für mich der bisher letzte Meilenstein hin zu einem qualitativ hochstehenden und effizienten Betrieb des Vereins und des Tools. Mit dieser letzten Veränderung hat sich auch unsere Rolle an der FHNW vom «Alleskönner» zur «GEAK Fachstelle» geschärft.
Was haben Sie aus diesen Entwicklungen gelernt?
Dass die Umsetzung von grossen Projekten oft länger dauert und komplizierter ist, als man sich das anfangs vorstellt. Gleichzeitig war es faszinierend zu sehen, wie aus einer Idee ein funktionierendes Produkt wurde, das heute fest in der Branche verankert ist.
Gibt es Dinge, die Sie sich anders vorgestellt haben, die sich schlussendlich als einfacher oder schwieriger herausgestellt haben?
Auf jeden Fall. Zum Beispiel haben wir am Anfang angenommen, dass ein GEAK in etwa vier Stunden erstellt werden könnte. Das war vielleicht etwas zu optimistisch. Besonders der GEAK Plus hat gezeigt, dass präzise Berechnungen mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wir es ursprünglich dachten. Auch die Integration der GEAK Expertinnen und Experten war kein Selbstläufer. Mir war von Beginn an sehr wichtig, dass wir eng mit den Expertinnen und Experten zusammenarbeiten, aber auch das benötigte viel Zeit und Ressourcen, die wir leider nicht immer aufbringen konnten.
Wann haben Sie zum ersten Mal über den GEAK nachgedacht und was war ursprünglich die Idee dahinter?
2008 habe ich anlässlich einer Weiterbildung zum ersten Mal vom GEAK gehört. Lustigerweise bezog sich eine Frage meiner mündlichen Abschlussprüfung auf den GEAK. Das Thema «Energieausweis» wurde bereits Mitte der 2000er Jahre im Umfeld von Minergie, den Energiefachstellen und dem SIA aufgegriffen. Die Konferenz kantonaler Energiedirektoren, kurz EnDK, hat im März 2007 die Entwicklung eines Energieausweises beauftragt. Erst 2008 wurde dann daraus der Gebäudeenergieausweis der Kantone. Die ursprüngliche Idee war es, einen Energieausweis zu schaffen, der auf einer vereinfachten Bedarfsrechnung basiert. Bereits damals wurde die Idee eines GEAK mit Beratungsbericht – GEAK Plus – geboren. Diese Idee konnte aber erst drei Jahre später umgesetzt werden.
Der GEAK in der Schweiz ist also eine Bedarfsetikette, wie von Ihnen erwähnt. Viele andere Länder arbeiten jedoch mit Verbrauchsetiketten. Warum hat man sich damals für die Bedarfsetikette entschieden?
Der Weg war nicht von Anfang an klar und es gab namhafte Befürwortende einer Verbrauchsetikette. Schlussendlich hatte man sich aber bewusst gegen die Verbrauchsetikette entschieden, wie sie in vielen europäischen Ländern verwendet wird. Der Grund dafür liegt darin, dass das Verbrauchsverhalten der Bewohnenden stark schwankt und viele Faktoren – wie Gewohnheiten oder die Anzahl der Bewohnenden – das Ergebnis massgeblich verzerren. Unser Ziel war es, eine objektive und vergleichbare Bewertung der Gebäude selbst zu ermöglichen, unabhängig davon, wie sie genutzt werden. Deshalb haben wir uns für eine Bedarfsetikette entschieden, die auf Standardwerten aus SIA-Normen basiert. Mit dieser Methode können wir den energetischen Zustand eines Gebäudes auf Basis von festgelegten Referenzwerten bewerten, anstatt den individuellen Energieverbrauch der Nutzenden zu bewerten.
Was wird die grösste Herausforderung der nächsten 15 Jahre sein?
Die nächste grosse Herausforderung wird sicher sein, Qualität in Quantität umzusetzen. Es gibt viele ambitionierte Klimaziele und der GEAK wird eine entscheidende Rolle spielen, um die Sanierungsrate zu erhöhen und die Energieeffizienz in der Schweiz zu verbessern. Wir werden aber auch weiter an den Tools arbeiten müssen, um sie flexibler und nutzerfreundlicher zu gestalten.
Vielen Dank für das Gespräch, Christian Amoser.
Christian Amoser ist gelernter Elektro- und Energie-Ingenieur mit einem MAS in nachhaltigem Bauen und stiess im April 2009 zum Projekt GEAK. Er gestaltete die Anfänge des Energieausweises mit. Von 2013 bis 2020 war er Leiter der Betriebszentrale und seit 2021 amtiert er als Leiter der GEAK Fachstelle.